Am Nachmittag des 1. Mai öffnen sich die schweren, gußeisernen Tore erneut für „Den Tag des offenen Trafo“. Neben stündlichen Führungen durch alle hellen und dunklen Winkel des Hauses berichten unser Mitarbeiter Florian Dossin hoch-spannende Geschichten und amüsante Anekdoten aus der Zeit, in der im TRAFO noch Strom erzeugt und Spannung transformiert wurde.

 

Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich mit dem Damenviertel eine umfassende Erweiterung der Stadtgrenze nach Norden. Als Abschluss des modernen Wohngebiets entstand um 1900 ein großer Industriekomplex, auf dem unter anderem ein Maschinenhaus, eine Dampfmaschinen- und Wagenhalle, Verwaltungs- und Bürogebäude sowie ein Industrieschornstein gebaut wurden. Dieses Areal wurde von der neu gegründeten »Jenaer Elektrizitätswerke-Aktiengesel lschaft« errichtet und sollte der Stromversorgung mit Gleichstrom, unter anderem für den Straßenbahnbetrieb dienen.

Mit der Inbetriebnahme 1901 brannte in Jenas Haushalten erstmals elektrisches Licht und wenige Tage später fuhr auch die erste elektrische Straßenbahn durch die Stadt. Im 20. Jahrhundert stieg der Bedarf an Mobilität und Energie in Form von Wechselstrom stetig an, so dass der Komplex in der Folge ständig umgebaut, und nach 1990 schließlich aufgrund von Neubauten an anderer Stelle stillgelegt wurde.

Das Maschinenhaus, das als Trafo- und Gleichrichterstation diente, stand in der Folge fast 20 Jahre lang leer. 2014 wurde es vom Kulturverein »Ins Netz e.V.« entdeckt, behutsam entstaubt und öffnete noch im selben Jahr seine Tore für die Kultur. Auch wenn sich Maschinen nur in Abdrücken auf dem Boden erhalten haben, zeugen die Wandoberflächen und bauzeitliche Ausstattungen wie die große stählerne Rundbogentür, ein 5- Tonnen-Kran oder marmorne Schalttafeln von Lärm, Staub und Glanz der vergangenen industriellen Nutzung.

Während das Maschinenhaus zur Bauzeit eine Keimzelle der Jenaer Industrie darstellte und der Umwandlung von Strom diente, sind es heute vor allem künstlerische und gesellschaftliche Wandlungsprozesse, die hier angeregt werden. Der TRAFO bietet einen inspirierenden Ort für breite kulturelle Nutzungen wie neue Kunstformen, Ausstellungen, Konzerte oder Diskussionen, durch welche die Geschichte des Ortes fortgeschrieben und interpretiert wird. Jede Bespielung des Raums dient letztlich auch der Reparatur und dem Erhalt der baulichen Hülle: Der Raum braucht Nutzung und die Nutzung braucht Raum.